03
Juni
"Daß sie gegangen ist,
das hat doch auch ein wenig mit Respekt und Achtung vor dem Gegenüber zu tun.", schriebst Du mir. Ich habe diese Worte als sehr tröstlich empfunden. Als Trost gemeint, haben sie mich tatsächlich getröstet.
Ich ließ sie in Ruhe. Nicht aus Rücksichtnahme, sondern aus Feigheit. Sie ist gegangen und wenn das nötig ist, kann sie mit mir (zumindest zur Zeit, harharhar!) nichts anfangen. Was bedeutet, daß ich ihr nicht mehr dasselbe bedeute wie einst. Gesagt hat sie das zwar nicht, aber ich war auch nicht scharf darauf, es zu hören. Ich ließ sie in Ruhe und wartete. Nichts tat ich, nichts unternahm ich, nichts hörte oder sah ich von ihr. Heute morgen dann endlich ein Lebenszeichen. Aber nicht von ihr selbst. Sie ist bei ihm. Schon seit zwei Tagen. Heimlich ist sie gefahren und ich weiß es nur, weil ausgerechnet ER mich anrief und mir sagte "ich solle mir keine Sorgen machen." Ich soll mir also keine Sorgen machen. Okay, mache ich mir keine Sorgen. Alles ist wunderbar. Alles ist bestens. Respekt und Achtung und keine Sorgen.
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