20
Mai
Da sitzt Du nun,
Du armes Schwein, und Dir fallen tausend Sachen ein. Was ist nur alles falsch gelaufen? Am liebsten würdest Du Dich besaufen.

Klar, daß Du Dir irgendwann die Frage stellst, wie das überhaupt alles passieren konnte. Natürlich fängst Du bei ihm an. Was hat er, was Du selbst nicht hast? Was ist an ihm, das Dir fehlt?

Er sieht nicht besser aus. Anders als Du selbst, aber nicht besser. Er ist genauso wenig ein Calvin-Klein-Model wie Du selbst. Er muß sich aber, wie Du selbst, auch nicht an der Hauswand entlang drücken. Er hat nicht mehr Geld als Du, was daran liegt, daß er mit Geld nicht umgehen kann. Hat er welches, gibt er es sofort aus und hangelt sich bis zum nächsten warmen Regen. Okay, er hat ein Haus im Grünen, sie will schon seit Ewigkeiten raus aus der Stadt, ins Grüne. Aufs Land. Aber er bewohnt das Haus nicht selbst, sondern hat es vermietet. Er hat keinen aufregenderen Job als Du. Zusammen studiert, macht er denselben Quark wie Du selbst.
Er fährt kein größeres Auto, sondern bevorzugt dieselbe Automarke wie Du. Er hat keinen größeren Schwanz und keine dickeren Eier. Die gemeinsamen spätpubertären Vergleiche der anatomischen Gegebenheiten, einschließlich abgesonderter Spermamengen, ergaben ein Unentschieden. Er ist ein Sprücheklopfer, aber die Sprüche, die er ihr gesagt haben könnte, hat sie von Dir selbst alle schon einmal gehört - und Dich hat sie damals dafür ausgelacht. Das einzige, was er Dir voraus hat ist, daß er mehr Zeit hat als Du selbst. Er macht zwar denselben Quark wie Du, aber unter einer anderen Regie und zu anderen Konditionen. Während Du zu fast jeder Tages- und Nachtzeit ansprechbar sein mußt, hat er geregelte Arbeitszeiten und das, was nicht geregelt ist, regelt er selbst, nach eigenem Gusto.

Da hast Du es. Er hat mehr Zeit. Du hattest nie genug Zeit für sie, zuletzt sogar immer weniger. Sie hat sich oft genug beschwert und Du hast sie oft genug dafür angeblafft. Der Sprücheklopfer, der Du bist, sagte dann Dinge wie: "Baby, ich reiße mir den Arsch auch für Dich auf, mach es mir doch nicht noch schwerer." Du hast sie zu viel allein gelassen, eine Frau wie sie läßt man nicht so viel allein. Eine Frau wie sie läßt man überhaupt nicht allein.

Du hast ihr nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt, warst Dir ihrer viel zu sicher. So vieles ist selbstverständlich geworden. Hat sie auf Dich gewartet, hast Du genervt reagiert, weil Du Dich bedrängt gefühlt hast. Hat sie nicht auf Dich gewartet, hast Du Dich beschwert, daß sie es sich gut gehen läßt, während Du da draußen in der bösen Welt um Eure Existenz kämpfst - gemeint hast Du allerdings nur Deine eigene, sie mit einzuschließen, das war reine Boshaftigkeit. Du hast ihren liebevoll gedeckten Tisch ignoriert und Dir ihr liebevoll gekochtes Essen in den Hals gestopft um danach auf die Couch zu fallen und vorm Fernseher einzuschlafen. Sogar wenn Du da warst, warst Du nicht da. Nicht wirklich da.

Du hast Dich an ihren Anblick gewöhnt und sie nicht mehr richtig angesehen, nicht mehr das gesehen, was Du an ihr liebst, sondern nur noch das, was Dich an ihr genervt hat. Du hast ihr viel zu selten gezeigt, was sie Dir bedeutet, weil Du es selbst vergessen hattest. Sie tat so viel für Dich und Du hast es ihr niemals gedankt. Du hast ihr gesagt, daß Du sie liebst, aber Du hast es bei Lippenbekenntnissen belassen und keine Taten folgen lassen. Und nun sitzt Du hier und heulst. Jetzt. Erst jetzt, Du blöder Hund!

Könntest Du die Zeit zurückdrehen, würdest Du alles anders machen. Alles ganz anders.

 
 
19
Mai
Lieber Freund,
diese Anrede schmerzt, aber vorerst belasse ich es dabei, wie Du das aufnimmst, bleibt Dir selbst überlassen.

Sie hat mir den Brief gezeigt. Ich bat nicht darum, ich wußte nicht einmal, daß Du ihr geschrieben hast. Ich vermute, sie hätte ihn mir nicht gezeigt, wenn anderes darin gestanden hätte. Aber sie ließ mich lesen - und sicherte sich dadurch, vorerst, ihre eigene Wortlosigkeit. Das ist nicht das, was ich mir wünsche, aber ich werde sie nicht drängen, wenn sie reden will, wird sie das irgendwann tun. Ich bin schon froh, wenn sie nicht heult. Für Kleinigkeiten dankbar sein, sogar für solche, das ist etwas, was ich in den letzten Tagen gelernt habe.

Mein Freund, Deine Rücksichtnahme auf mich kommt ein wenig zu spät, findest Du nicht? Du schreibst ihr, Du wolltest das alles nicht und es täte Dir leid. Du schreibst, würdest Du mir die Frau wegnehmen, könntest Du Dir niemals wieder im Spiegel in die Augen sehen. Ich lese diese Passage immer wieder. Als Du sie zum ersten Mal ficktest, hätte ich zustimmend genickt. Dinge passieren. Scheiße passiert. Ein Glas zuviel, eine prickelnde Stimmung, die Hose wird zu eng... und wie sie ist, weiß ich. Sie kokettiert liebend gerne. Auch das wäre für mich ein böser Schlag gewesen, vermutlich hätte ich Dich auch da schon Arschloch genannt und auch ihr hätte ich fassungslos gegenüber gestanden. Aber, wie schon gesagt, Scheiße passiert. Einmal. Vielleicht auch zweimal.

Nach dem ersten Mal konntest Du Dir also noch in die Augen sehen. Nach dem zweiten Mal auch. Sex mit ihr ist gut, mein Freund, ich weiß das. Vielleicht wolltest Du noch ein wenig mehr von dieser süßen Frucht naschen. Vielleicht wollte die süße Frucht Dich nicht mehr in unser, ihres und meines, Bett lassen. Da hast Du angefangen von Liebe zu sprechen, nicht wahr? Ich weiß von den Blumen, den Karten, den Telefonaten. Sogar von den SMS weiß ich, auch wenn sie irgendwann ihr Telefon ständig bei sich trug und es nur noch ausgeschaltet aus den Händen legte. Ich weiß sogar, daß Du die Bilder, die sie von der Wand nahm, aufgenommen hast, kurz nachdem Du Deinen Schwanz wieder eingepackt hast. Sie hat mir nicht viel erzählt, aber was sie erzählte, reichte aus. Inzwischen vemeidet sie tunlichst jedes Wort über Dich, aber inzwischen kann ich mir den Rest selbst ausmalen.

Hättest Du sie geliebt, mein Freund, hättest Du sie nicht zurückgelassen. Hättest Du sie wirklich geliebt, hättest Du ihr das nicht angetan. Nichts davon.

Du hast sie belogen und betrogen und ihr die Sterne versprochen. Du hast sie verliebt gemacht und sie in dem Glauben gelassen, Du meintest es ernst. Du hast sie benutzt, mein Freund und nun benutzt Du mich um aus dieser Sache heil rauszukommen. SIE ist dir egal. Dir geht es nur um DICH. Würdest Du sie wirklich lieben, würdest Du sie holen. Ohne Rücksicht auf mich. Uns beide, Dich und mich, mein Freund, gibt es schon lange nicht mehr, warum also jetzt plötzlich Rücksicht?

Sie weint, mein Freund. Rücksicht? Du bist ein noch verlogenerer Hund, als ich dachte.

 
 
18
Mai
Oh no, Baby
erst ist bei Dir stundenlang besetzt und als ich Dich endlich erwische, heulst Du mir was vor. Und das einzige, was Du zwischen Deinen Schluchzern herausbringst ist, daß ER nicht mir Dir sprechen will. Daß er Dich wegdrückt, wenn er Deine Nummer sieht oder sofort auflegt, wenn Du ihn mit unterdrückter Nummer anrufst.

Baby, bei aller Liebe, aber warum, verfluchte Scheiße, erzählst Du MIR das? Was soll ich da tun? Was erwartest Du von mir? Bedauern? Mitleid? Anteilnahme? Trost?

Nein, Baby, nein. Das übersteigt meine Kräfte. Das alles ist ein nicht enden wollender Alptraum. Bitte weck mich auf und sag mir, daß ich nur schlecht geträumt habe. Sag mir, daß das ein übler Scherz ist, daß Ihr beide mich nur verarschen wolltet. Sag "Ätsch, drauf reingefallen" und lach mich aus.

Er spricht nicht mit Dir, na und? Na und, Baby? Soll MIR das leid tun? Für wen? Für Dich? Für ihn? Wegen mir, Süße, kann er vor den nächsten Bus laufen oder einfach tot umfallen.

Er spricht nicht mir Dir... WIESO erzählst du MIR das?

 
 
Darf ich vorstellen:
Ulrich, MEIN Hauskakerlake:



Vielleicht verwandt mit diesem hier?

 
 
Da sitzt Du nun,
Du arme Sau und denkst an den verlogenen Hund und Deine Frau. Seit einer dreiviertel Stunde tutet Dir unter ihrer Nummer der Besetztton entgegen. Störung in der Leitung? Irgendein Fehler? Oder...

Erinnerst Du Dich an diesen Abend, als Du diesen unerwarteten und überaus wichtigen Termin hattest, der sich so lange hinauszog, daß Du erst gegen 22.00 Uhr zu Hause sein konntest? Sie und er auf der Couch, Weingläser auf dem Tisch, die besonderen, die Ihr, sie und Du, aus der Toskana mitgebracht habt. Zwei Flaschen von dem sauteuren Chianti, leer. Und Kerzen, kein anderes Licht, nur Kerzenschein. Gefreut hast Du Dich, daß die beiden sich so gut verstehen. Froh warst Du darüber, daß die beiden so gut miteinander auskommen. Daß sie sich so mögen. Sich sympathisch sind. Und stolz warst Du auf Dein Mädchen. Kümmert sich um Deinen Freund, unterhält ihn, bewirtet ihn und vertreibt ihm die Zeit, damit Du Dir in aller Ruhe im Job den Arsch aufreißen kannst. Nur das Beste für Deinen guten Freund, edelster Chianti, romantischer Kerzenschein, die besonderen Gläser - und Deine Frau.

Warum hast Du nichts gemerkt? Wieso warst Du so blind? Oder wolltest Du nichts merken? Blindes Vertrauen in den guten alten Freund, den Du schon von Kindesbeinen an kennst? Der Freund, mit dem Du so viel erlebt hast, dem Du genauso oft aus der Scheiße geholfen hast wie er Dir. Mit dem Du Dich geprügelt hast, mit dem Du geweint, gelacht und gelitten hast. Für den Du die Hand ins Feuer gelegt, dem Du Dein letztes Hemd gegeben hättest.
Blindes Vertrauen in sie, die niemals ein Kind von Traurigkeit war, aber immer wußte, wo die Grenzen sind? Sie, die alles für Dich war, so wie Du dachtest, alles für sie zu sein. Sie, die auch aus den schlechtesten Tagen etwas Gutes zu machen wußte. Sie, die allen den Kopf verdrehte, um dann provokativ Dir die Hand unter das Hemd zu schieben. Der Du mit amüsiertem Stolz zuschautest, wenn sie auf Teufel komm raus flirtete um dann lächelnd in Deine Arme zu fallen, Dir und jedem anderen zeigend, an wessen Seite sie gehört. Die, für die Du sogar aufs Land gezogen wärst, in ein windschiefes Bauernhaus mit unkrautüberwuchertem Garten und Milchkannen am Straßenrand.

Wärest Du an diesem Abend früher als erwartet nach Hause gekommen, wäre das das Ende Deiner Blindheit gewesen? Was hätten Deine blinden Augen gesehen? Sie und er harmlos auf der Couch? Oder sie und er in Deinem eigenen Bett?

Besetzt. Immer noch.

 
 
Baby,
heute morgen hast Du mich angelächelt und Dich in meine Arme gekuschelt, anstatt, wie in den letzten Tagen, hastig aufzustehen und in Küche oder Bad zu verschwinden. So warm warst Du und so hart wurde mein Schwanz, dicht an Deiner Hüfte. Und dann hast Du tatsächlich gelacht und Dich noch enger an mich gedrückt. Ich hätte so gerne mit Dir geschlafen, das erste Mal seit Tagen, aber ich konnte es nicht.

Süße, ich weiß nicht, ob Du das verstehen kannst. Ich habe Lust auf Dich, große Lust, aber da ist auch der Gedanke, daß Du an ihn denkst, während wir beide miteinander schlafen. Daß Du Vergleiche anstellst, Dir wünschst, ich wäre er. Daß Du nur aus Gefälligkeit mit mir fickst. Oder daß du vielleicht sogar wieder zu weinen anfängst, während wir miteinander schlafen. Das würde ich nicht ertragen, Babe.

Du wirst jetzt vielleicht sagen, daß wir auch miteinander schliefen, bevor er ging. Baby, auch da habe ich mich oft gefragt, woran Du denkst, an wen Du denkst. Aber ich wußte auch, daß Deine Lust echt ist. Du hättest zu ihm gehen können, Du hättest nicht mit mir schlafen müssen. Ich wußte, daß Du mit mir gefickt hast, weil Du mit mir ficken wolltest. Ich wußte, daß Dein Stöhnen mir galt. Jetzt weiß ich das nicht mehr und das schlimmste, das allerschlimmste wäre, wenn Du zu weinen anfangen würdest, während mein Schwanz in dir steckt.

Hätte ich heute morgen mit Dir geschlafen, Baby, hättest Du dann an ihn gedacht? Hättest Du die Augen geschlossen und Dir vorgestellt, ich wäre er?

Ich liebe Dich.

D.

 
 
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